Windbläss hat sich äusserst aktiv durch sein sechstes Jahr gebellt, gekläfft, ist zuweilen auch auf allen vier Pfoten gekrochen, fand aber glücklicherweise immer wieder auch Anlass für lustvolles Wedeln.
Was mit diesem Einleitungssatz angetönt sei: die Aktivitäten haben ein Mass erreicht, das mit den bestehenden Ressourcen und Möglichkeiten der Windbläss- Vorstandsmitglieder nur noch knapp zu bewältigen ist. Zwar blieben die Eigenproduktionen mit den üblichen drei Veranstaltungen im bisherigen Rahmen; deutlich zugenommen haben aber die Anfragen, seien es Engagements für Konzerte, musikalische Umrahmungen, ja sogar für einen Fernsehauftritt.
Zu kurz kamen und etwas vernachlässigt wurden in der Folge andere Windbläss- Zielsetzungen, nämlich die Beratung von Orgelbesitzern (meistens Expertisen im Zusammenhang mit Handänderungen) und die Forschung (kontinuierliche Inventarisierung der Instrumente, Publikationen zum (Haus-)Orgelbau im Toggenburg, wie z.B. zur immer noch ungeklärten Lehrmeisterfrage, etc.). Windbläss soll nicht auf den Hund kommen, denn schon im Herbst dieses Jahres lockt der Bezug seines Zweitwohnsitzes im Ebnater Ackerhus, wo ihm künftig (unter anderen) zwei Prachtsexemplare toggenburgischer Orgelbaukunst in neuem Glanz zur Verfügung stehen werden: die sechs-registrige Heinrich- Ammann-Orgel von 1807 und die fünfeinhalb-registrige Melchior-Grob-Orgel von 1793. Beide Instrumente befinden sich derzeit in der Obhut restaurierender Orgelbauer (Orgelbau Kuhn, Ma?nnedorf und Ricarda Müller, Chur) und werden anlässlich der geplanten Ackerhus-Wiedereröffnung vom 28. November 2015 – mit Windbläss-Beteiligung – wieder ihrer glanzvoll-klingenden Bestimmung übergeben. Noch ist es nicht ganz so weit, und Windbläss wird bis dahin den Restaurierungsprozess mit Argusaugen und –ohren beobachten und begleiten.
Doch nun der Reihe nach: Abschluss des fünften und zugleich Beginn des sechsten Vereinsjahres bildete die fünfte Mitgliederversammlung vom 21. Februar auf dem Nesslauer Bühl. Nach der speditiven Abwicklung einer üblichen Traktandenliste folgte der einheimisch-musikalische Teil der Veranstaltung unter dem Titel Bläss – seit 5 Jahren die Nase im Wind, ein musikalisches Leporello zu Tradition & Innovation. Die Brandhölzler Striichmusig als Vertretung der „Tradition“ und Franco Mettler (Klarinette) mit Wolfgang Sieber (Orgel), für das „Innovative“ stehend oder vielmehr spielend, sorgten für die musikalische Bandbreite des Abends, wobei betont sein soll, dass beide Formationen sowohl traditionell als auch innovativ daherkamen (mit „Schubladen-Denken“ stösst man bei Windbläss-Veranstaltungen schnell an Grenzen ...).
Ein weiterer Glanzpunkt des Abends war die Premiere des Windbläss-Films, der seither prominent die Startseite unserer Bläss-Site beherrscht und zeigt, wie sich Windbläss auch medial auf der Höhe seiner Zeit befindet (der Trailer wurde via YouTube bereits mehr als 700 mal aufgerufen).
Bereits eine Woche später, am 28. Februar, gastierte Windbläss im Churer „RabenNest“, einer kleinen, aber feinen Veranstaltungsreihe von Peter und Tina Truog. Unter Einbezug einer neuen Baldachinorgel, erbaut von Ricarda Müller, musizierten Heidi Bollhalder, Darina Baumann, Res Reber und Markus Meier. Jost Kirchgraber beteiligte sich referierend und mit ausgewählten Bildern zum Thema Die Toggenburger Hausorgel – ein Instrument zwischen pietistischer Frömmigkeit und tänzerischer Ausgelassenheit.
Die Ausstellung Bauernkunst – Appenzeller und Toggenburger Bauernmalerei von 1600 bis 1900 im Kunstmuseum St. Gallen bot ein nächstes, dankbares Windbläss-Schaufenster. Schon an der Eröffnungsveranstaltung vom 21. März war die Windbläss-Musik umrahmend zugegen, dann aber vor allem mit einem Konzert (inkl. Referat) am 4. Mai unter dem Titel „Wie sie kamen, und warum“: Einführung zu den Toggenburger Hausorgeln (es wurden eigens für diese Ausstellung zwei Instrumente nach St. Gallen gebracht und spieltauglich aufgestellt).
Der Hausorgelfahrt ins Emmental vom 17. August ging bereits am 17. Mai eine Erkundungsexkursion mit dem erweiterten Windblässvorstand voraus. Dank der kompetenten Einführung der Organistin Annerös Hulliger und des Orgelbauers Thomas Wälti in diese – bezüglich Hausorgelbau – wichtigste „Parallel-Landschaft“ zum Toggenburg wurden uns einige ganz besondere Perlen der Emmentaler Instrumentenbaukunst (nicht nur Hausorgeln) zugänglich und hörbar gemacht (Kleinhöchstetten, Würzbrunnen, Lützelflüh, Dürrenroth).
Am 30. Juni verstarb in Wattwil Elisabeth Reber, sie, die diesen Ort, die Webstube, zusammen mit ihrem Mann Ruedi aufbaute und prägte und ihm zu kultureller Ausstrahlungskraft verhalf. Tochter Verena führte die Tradition der Handweberei auf dem Bühl bis zu ihrem Tod weiter. Geblieben sind Erinnerungen an einen Ort der Begegnungen, der kunsthanderklichen und musikalischen Auseinandersetzungen. Dieser Raum mit der restaurierten Joseph-Looser-Orgel versinnbildlicht und erinnert an die kulturellen Verdienste der Familie Reber, deren Spross Res als Windbläss-Aktivist dieses Anliegen auf seine Weise weiterträgt. Er gestaltete zusammen mit weiteren Windblässigen den musikalischen Teil der Abdankungsfeier vom 9. Juli in der Evang. Kirche Wattwil.
„Wo eine Toggenburger Hausorgel (oder Toggenburger Musikerinnen und Musiker), da Windbläss“ – unter diesem Titel liessen sich etwas pointiert die folgenden Engagements zusammenfassen: so geschehen am 15. August im Rahmen der „6. Dälliker Orgelnacht“, wo eine schöne Looser-Orgel den Chorraum der dortigen Kirche ziert, die meiste Zeit leider lediglich als Augenweide denn als Ohrenweide – nicht so in besagter Nacht, in der sie Windbläss, mit Darina Baumann, Heidi Bollhalder, Res Reber und Markus Meier aus ihrem üblichen Dornröschenschlaf küsste!
Zwar befindet sich in der Henggarter Kirche keine Toggenburger Orgel, da aber immerhin der dortige Organist aus besagtem schönsten Tal der ganzen Alpennordseite stammt, sein Instrument 40 und er selber 50 wurde, war ihm dies Grund genug, Windbläss zum Geburtstag aufspielen zu lassen. Am Henggarter Orgelfest vom 30. August musizierten: Urs Grob – Hackbrett,
Heidi Bollhalder – Orgel, Tabea Bietenhader – Kontrabass und der Jubilar mit diversen Blasinstrumenten.
Doch der Jubiläen noch nicht genug: auch unser prominentester Windbläss- Exponent, Wolfgang Sieber, feierte – und zwar nicht nur seinen 60sten, sondern gleich noch die Verleihung des „Goldenen Violinschlüssels“, die wichtigste Auszeichnung in der Volksmusik-Branche. Dieses Ereignis schlug Wellen, die auch Windbläss nicht verschonten; so kamen wir als Windbläss- Formation zu unserem ersten Fernsehauftritt in der Volksmusiksendung „Potzmusig“ (aufgezeichnet am 23. Aug. in Gossau ZH, ausgestrahlt am 1. Nov.) und dem Schreibenden kam die hohe Ehre zu, am 18. Oktober in der Hofkirche Luzern, anlässlich der Preisverleihung, die Laudatio zu halten.
Mauricio Kagels (1931-2008) Rrrrrrr-Stücke standen im Zentrum des Konzertes vom 21. November, dem letzten Anlass des Jahres; 41 Stücke die alle auf „R“ lauten, so auch die „8 Orgelstücke“ mit Namen wie „Rauschpfeife“, „Ragtime“ oder „rossignols enrhumés“ (verschnupfte oder erkältete Nachtigallen). Kagels ausdrückliche Legitimierung, die Stücke auch als Arrangements für ein Ensemble von Renaissance- und/oder Barockinstrumenten aufzuführen, führte Windbläss zu einer Instrumentierung mit Hausorgel (Wolfgang Sieber), Cembalo (Heidi Bollhalder) und diversen Blasinstrumenten (Markus Meier); eine klanglich überaus reizvolle und für Windbläss erstmalige Mischung, die textlich von Jost Kirchgraber (mit Zitaten von und über Mauricio Kagel) zusammengehalten wurde.
So ist nun ein weiteres Windblässjahr Geschichte geworden – und, zumindest für den Präsidenten, das bisher intensivste!
Es wird diskutiert und nach Lösungen gesucht werden müssen, wie wir künftig den Anforderungen, die wir uns auf die Windbläss-Fahne geschrieben haben, gerecht werden können – womit die Klammer zu meinen einleitenden Worten geschlossen wäre.
Nichts desto trotz hoffe ich, dass der Bläss auch weiterhin in kreativer Bewegung bleiben möge und ihm das Publikumsinteresse, sowie die ideelle und finanzielle Unterstützung in der bisher erlebten Art und Weise auch in Zukunft zuteil werde. Dafür bedanke ich mich, namens des Vorstandes und des Vereins Windbläss, jetzt schon ganz herzlich!
Ich freue mich auf das siebente Vereinsjahr und hoffe, dass der Bla?ss weiterhin frisch durchs Toggenburg – und zum Tal hinaus – wedelt und bellt!
Winterthur, im Februar 2015 / Markus Meier, Präsident Windbläss