Hans Melchior Grob (1754 - 1832), von Hemberg und Ebnat, ist ein Orgelbauer, von dem wir (noch) sehr wenig wissen. 1780 besuchte ihn in seiner Werkstatt, als er gerade ein Orgelwerk in Arbeit hatte, der 14-jährige Ulrich Ammann, der in Begleitung seines Vaters vorsprach, um zur Erlernung des Orgelbauerhandwerks in die Lehre aufgenommen zu werden. Er wurde jedoch von dem wohl misstrauischen und um das Geheimnis seiner Kunst ängstlich besorgten Meister abgewiesen. Grob verlegte seine Werkstatt von Hemberg nach Ebnat, wo er das Bürgerrecht erwarb und 1832 im Bergli-Hüsliberg ledig starb. Hier verfertigte er die beiden Hausorgeln von 1793 (Toggenburger Museum Lichtensteig) und die im „Alten Acker“ bei Wildhaus aufgestellte von 1794.

(Widmer, Otmar: Hausorgelbau im Toggenburg. In: Anzeiger für Schweizer Altertumskunde, Bd. XXIX, Heft 2, 3. Zürich 1937.)

In Ebnat-Kappel soll aus dem Heimatmuseum Ackerhus ein Zentrum für Hausorgeln entstehen. Eine wissenschaftliche Vorarbeit ist geleistet. Wir erfahren erstmals Genaueres über

Johann Melchior Grob – Toggenburger Orgelbauer

Der Toggenburger Orgelbauer Johann Melchior Grob (1754 – 1832) gehört zu den noch wenig erforschten und entsprechend mager dokumentierten Instrumentenbauerpersönlichkeiten aus dem Toggenburg. Bisher mögen ihm bezüglich Publizität die als Hausorgelbauer schlechthin geltenden Vater und Sohn Looser, sowie der als Blasinstrumentenbauer damals schon international bekannt gewordene Ulrich Ammann den Rang abgelaufen haben. So ist es an der Zeit, auf das bezüglich Anzahl der bekannten Instrumente eher schmale, aber mit Blick auf die Unterschiedlichkeit der einzelnen Orgeln erstaunliche Schaffen Grobs aufmerksam zu machen. Den Auslöser zu dieser Arbeit gab ein Positiv im Bachhaus Eisenach, das – zwar massiv umgebaut – neulich mit grösster Wahrscheinlichkeit als Werk des Toggenburger Orgelbauers erkannt werden konnte. Damit können Grob in der Zeitspanne von 1781 bis 1813 momentan mindestens 3 Kirchenorgeln und 4 Hausorgeln zugeordnet werden. Es darf davon ausgegangen werden, dass damit noch nicht sein Gesamtwerk erfasst ist.

Markus Meier

Hans Melchior Grob lebte und arbeitete in Hemberg, später in Ebnat, wo er im Bergli (am Hüsliberg) altledig und kinderlos starb. 1780 besuchte ihn in seiner Werkstatt, als er gerade ein Orgelwerk in der Arbeit hatte, der vierzehnjährige Ulrich Ammann, der in Begleitung seines Vaters vorsprach, weil er zur Erlernung des Orgelbauhandwerkes in die Lehre aufgenommen werden wollte. Er wurde jedoch von dem wohl misstrauischen und um das Geheimnis seiner Kunst ängstlich besorgten Meister abgewiesen. Diese Episode scheint symptomatisch für das offensichtlich zurückhaltende, verschlossene Wesen Grobs, aus dem sich auch die Tatsache erklärt, dass praktisch nichts über seine Person und sein Werk bekannt ist.

Stand des Wissens zu Grobs Orgelwerken in chronologischer Reihenfolge

1781 Gränichen, ref. Kirche (Rückpositiv)

1785 Lützelflüh, Ref. Kirche (Gotthelfkirche)

1785 Aeschi (?)

1787 Payerne, l'église paroissiale de Payerne

1793 Ebnat-Kappel, Ackerhus

1794 Wildhaus, Alter Acker (Originalstandort)

1810 Winterthur (Privatbesitz)

1813 Eisenach, Musikinstrumentensaal Bachhaus

Überlegungen zur orgelbauerischen Handschrift Melchior Grobs

Soweit die uns derzeit bekannten Orgeln Melchior Grobs. Können gewisse Charakteristika, Allgemeingültigkeiten, Besonderheiten für seine Instrumente abgeleitet werden? Kann eine Orientierung an bestimmten Orgelbauern seiner Zeit herausgelesen werden?

Der Versuch sei gewagt, einige abschliessende Folgerungen festzuhalten (auch wenn sich diese im Bereich des Spekulativen bewegen mögen):

Die Gehäuseformen sind sehr unterschiedlich und individualistisch, was darauf schliessen lässt, dass Grob sich einerseits in besonderem Mass auf die Umgebung der Platzierung (räumliche Dimensionen, Architektur, etc.) einliess, vielleicht aber auch den konkreten Vorstellungen seiner Klientel folgte. Von geraden, schlichten Formen (Pfeifenfüsse und Labienverläufe auf einer Linie), wie bei den beiden Hausorgeln von 1793 und 1810, bis zu den aufwendigen geschwungenen Ausführungen mit auf- und absteigenden Labienverläufen, plastisch hervortretenden Halbrundtürmen, wie bei den 3 Kirchenorgeln oder der Hausorgel von 1794, ist bei Grob ein überaus breites und kunstvolles Gehäusebau-Repertoire festzustellen. Er scheint keinerlei Schematismen verfallen zu sein, wie man diese im Toggenburger und Emmentaler Hausorgelbau durchaus orten kann, wenn wir z.B. an den drei- bzw. fünfteiligen Looser-Typus denken, der schon Ansätze einer Serienanfertigung erkennen lässt.

Weiter ist bemerkenswert, dass Grob – von einer Ausnahme abgesehen – auf Flügeltüren verzichtet; dies ebenfalls im Unterschied zu den Toggenburger-Kollegen seiner Zeit. So aufwendig und kunstvoll er es mit den Gehäuseformen gehalten hat, so bescheiden und ambitionslos mögen einem dagegen die Fassungen derselben erscheinen: Von vergoldeten Schleierbrettern (Schnitzwerk zwischen den Pfeifenmündungen und den Gehäusebegrenzungen) abgesehen, verzichtet er auf die bekannten in Blautönen gehaltenen ornamentalen Bemalungen und belässt die Orgeln in ihrem hölzernen Erscheinungsbild, was seinen Instrumenten (trotz der angesprochenen hohen möbelschreinerischen Kunst) in der Umgebung der übrigen Orgellandschaft eine "unfertige" oder "bescheidene" Ausstrahlung verleiht. Es darf davon ausgegangen werden, dass auch die Hausorgel von 1810 ursprünglich unbemalt war.

In dispositioneller (musikalischer) Hinsicht kann auf folgende von Girard für Speisegger gemachte, aber durchaus auch für Grob geltenden, Grundsätze verwiesen werden:

1. Die Klangkrone wird eher sparsam disponiert und repetiert nicht gern; aber Aliquoten enger und weiter Bauart werden möglichst reich besetzt.

2. Ein zweites Manual (vermutlich nur in Payerne) wird erst von 15 Registern an disponiert.

3. Ein allfällig disponiertes Pedalwerk (von Grob vermutlich nur in Lützelflüh und Payerne realisiert) ist schwach besetzt und dient lediglich dazu, das Fortissimo zu grundieren.

Das für den Orgelbau nördlich der Alpen eher atypische Schwebe-Register "Suavial" kann interessanterweise in mindestens 3 Instrumenten nachgewiesen werden. Es gilt sozusagen als familientypisch für die Orgelbauer-Dynastie Bossart aus Baar, was eine Orientierung Grobs an deren Werken vermuten lässt. Friedrich Jakob schreibt dazu: "Die Bossart pflegten auch schwebende Stimmen im Sinne der italienischen Voce umana, weshalb bisweilen von italienischen Einflüssen in ihrem Schaffen die Rede ist. Aber abgesehen von ihrer familientypischen Schwebestimme Suavial 8' ab c' (oft im Prospekt stehend) ist kein südländischer Einfluss auszumachen."

Dieser Artikel ist die stark gekürzte Fassung einer umfassenderen Publikation (mit Abbildungen, Dispositionen, etc.), erschienen in: Toggenburger Jahrbuch 2014. Wattwil 2013. ISBN 978-3-908166-61-0.

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